Niendorf Linie
Version:
18.1.25
Nachdem mit dem rasanten Ausbau des U-Bahn-Netzes das städtische Straßenbahnnetz bis Anfang 1975 auf nur noch fünf Linien und 48 Streckenkilometer schrumpfte, war Mitte der 1970er Jahre eine endgültige Entscheidung über dieses Verkehrsmittel zu treffen. Das Straßenbahnnetz und dessen Fuhrpark waren entweder finanzintensiv zu modernisieren oder aufzugeben. Andererseits trafen Einstellungen von Straßenbahnstrecken auf deutlich stärkeren Widerstand der Bevölkerung als noch in den 1960er Jahren. Denn nun kämpfte der Hamburger um "seine" Straßenbahn.
Bauphase: 7. Juli 1979 - 1991
Eröffnung ab: 9. März 1991
Stationen: 5
Länge: ca 5,8 km
Station | Eröffnet |
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10. März 1991 | |
10. März 1991 | |
10. März 1991 | |
1. Juni 1985 | |
1. Juni 1985 |
Geschichte
Erster Bauabschnitt
Das Gutachten "Untersuchungen zur Lage der Straßenbahn des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV)" von 1975 empfahl die Einstellung der verbliebenen Straßenbahnstrecken bis Jahresende 1977 und den Ersatz durch Buslinien. Doch die Einstellung, der noch immer intensiv genutzten Straßenbahnlinie 2 zwischen Niendorf und dem Hauptbahnhof, würde schwer zu vermitteln sein. Konsequenz war, dass man die Idee einer U-Bahn-Anbindung von Niendorf wieder aufnahm. Die ursprünglichen Pläne sahen hierzu die als „Grindellinie“ bekannte Streckenführung mit einer Ausfädelung aus der U1 am Stephansplatz vor, die der Grindelallee folgt und Niendorf über Hoheluft und Lokstedt erreicht. Diese Variante wäre der direkte Ersatz der bisherigen Straßenbahnlinie 2. Ein weiteres 1975 erschienenes Gutachten riet jedoch, die schwach belastete U2 bis Hagenbecks Tierpark Richtung Niendorf zu erweitern, da dies die Auslastung steigern würde und finanziell günstiger wäre als die „Grindellinie“.
Das Konzept sah für die erste Verlängerung, wegen der geringen Bevölkerungszahl, einzig die weitere Haltestelle Niendorf Markt vor, doch erreichte die Bezirksversammlung von Eimsbüttel eine zweite Station namens Hagendeel. Auch sprach man sich zu Gunsten des Umweltschutzes für die Streckenführung im Tunnel aus, obwohl die Bebauung dies nicht rechtfertigen würde. Ursprünglich sollte aus Finanznot alles im Einschnitt gebaut werden. Die Planungen der Baubehörde begannen im Herbst 1975. Schon ein Jahr später viel der Beschluß, unverzüglich mit dem Bau zu beginnen, vorerst bis Niendorf Markt, später dann bis Niendorf Nord.
Im Herbst 1977 erfolgte die Planfeststellung, die schnell abgeschlossen werden konnte, da die Strecke weitgehend durch unbebautes Gebiet führte und mit den wenigen Anliegern schnelle Einigung erzielt werden konnte. Ab Herbst 1978 begannen die ersten Bauarbeiten in Form von Kabelverlegungen, Befestigungen von Nebenstraßen als Umleitung für die während der Bauzeit gesperrte Kollaustraße. Der symbolische erste Rammschlag fand am 7. Juli 1979 am Niendorfer Marktplatz statt. Die Strecke verläuft fast ausschließlich im Tunnel und wurde in offener Bauform errichtet, nur zwischen der Haltestelle Hagenbecks Tierpark und der Tunneleinfahrt ist ein Einschnitt vorhanden. Hagenbecks Tierpark wurde sehr sparsam und einfach gestaltet und erhielt sehr schmale Seitenbahnsteige.
Da neben der Kehranlage in Hagenbecks Tierpark auch die Tunnelrampen untergebracht werden sollten, mußte die Kehranlage umgestaltet werden. Dafür wurde im Frühjahr 1982 vor der Haltestelle Hagenbecks Tierpark ein neuer Gleiswechsel eingebaut. Am 13. 7.1982 wurde die alte Kehranlage stillgelegt, zum selben Zeitpunkt nahm das neue Zentralstellwerk Hagenbecks Tierpark den Betrieb auf. Die neue Kehranlage wurde am 8. 8.1983 in Betrieb genommen. Im Zuge des U-Bahnbaues wurde das Niendorfer Stadtteilzentrum umgestaltet. Die Straße Tibarg, über der Haltestelle Niendorf Markt gelegen, wurde zur Fußgängerzone umgestaltet. Die Haltestelle Niendorf Markt wurde zusätzlich zur Zivilschutzanlage ausgebaut. Aus Rücksicht auf die Umgebung wurde der Bahnsteig und die Wandverkleidung weitgehend aus Backstein gebaut. An den Wandflächen wurden großflächige Bildmotive aus dem alten Niendorf angebracht. Unmittelbar an der Haltestelle liegt eine Busumsteigeanlage.
Ende 1983 war der Rohbau an der 3,42 km langen Strecke soweit fertig, dass mit der Gleisverlegung begonnen werden konnte. Erstmals kamen bei der Hamburger U-Bahn Schallschutzmatten beim Gleisbau zum Einsatz. Ab Tunneleinfahrt Hagenbecks Tierpark bis kurz vor der Haltestelle Hagendeel sowie im Bereich der Kollaustraße und des Tibarg, um die Anwohner vor Lärmbelästigung zu schützen. Außerdem wurde zu Testzwecken zwischen den Haltestellen Hagendeel und Niendorf Markt auf 400 m Länge eine Aluminium-Stromschiene eingebaut, die etwas breiter als die alte ist. Die dafür notwendige Stromschienenabdeckung entspricht der, der Berliner U-Bahn (U5 - U9). Vor der Haltestelle Niendorf Markt wurde eine Gleisverbindung eingebaut, damit die Züge am Bahnsteig kehren können, hinter der Haltestelle wurde ein Kehrgleis eingebaut. Die gesamte Neubaustrecke wird von der Streckenzentrale Hagenbecks Tierpark ferngesteuert. Zur Stromversorgung wurden zwei Unterwerke eingebaut, eines in Hagendeel und eines in Niendorf Markt.
Am 5. November 1984 wurde die neue Strecke der Presse vorgestellt. Da der Strom noch nicht eingeschaltet war, wurde der zu diesem Anlaß eingesetzte Museumswagen T6 Nr. 220 von einer Diesellok geschoben/gezogen. Am 26. März 1985 wurde erstmalig der Strom eingeschaltet und die Strecke mit dem DT3 9657/58/59 befahren. Endlich am 1. 6.1985 wurde die Strecke dann mit einem Volksfest feierlich eröffnet. Das war ein Jahr später, als geplant, aber der Bau wurde extra langsam fortgesetzt, da die Stadt kein Geld hatte.
Zweiter Bauabschnitt
Auch der zweite Bauabschnitt bis Niendorf Nord verläuft ausschließlich im Tunnel, ist 2,4 km lang und wurde am 9. März 1991 eröffnet. Der Tunnel verläuft unter der Paul-Sorge-Straße und endet in Niendorf in einem Neubaugebiet. Im Anschluß an die Strecke befindet sich eine 300 m lange viergleisige Kehranlage und ist für eine weitere Verlängerung vorgerüstet. Die Neubaustrecke hat drei Haltestellen, Joachim-Mähl-Straße und Schippelsweg mit Seitenbahnsteigen und Niendorf Nord mit Mittelbahnsteig. Ursprünglich sollte die Strecke 1987 fertiggestellt werden, jedoch sorgten einige Anwohner der Paul-Sorge-Straße für gerichtliche Auseinandersetzungen, was die Fertigstellung bis 1991 verzögerte. Alle wollen eine U-Bahn - aber nicht vor der eigenen Haustür.